Goethe's objections to Newton's theory of light and colours are better than often acknowledged. You can accept the most important elements of these objections without disagreeing with Newton about light and colours. As I will argue, Goethe exposed a crucial weakness of Newton's methodological self-assessment. Newton believed that with the help of his prism experiments, he could prove that sunlight was composed of variously coloured rays of light. Goethe showed that this step from observation to theory is more problematic than (...) Newton wanted to admit. By insisting that the step to theory is not forced upon us by the phenomena, Goethe revealed our own free, creative contribution to theory construction. And Goethe's insight is surprisingly significant, because he correctly claimed that all of the results of Newton's prism experiments fit a theoretical alternative equally well. If this is correct, then by suggesting an alternative to a well-established physical theory, Goethe developed the problem of underdete... (shrink)
In der Literatur zur Wirkungsgeschichte der Farbenlehre Goethes aus dem Jahr 1810 grassieren zwei Vorurteile: (1) Nur ein einziger Physiker von Rang (Seebeck) habe sich auf Goethes Projekt wissenschaftlich eingelassen. (2) Schon zu Goethes Lebzeiten habe sich die Fachwissenschaft mit überwältigender Mehrheit gegen den Dichter ausgesprochen. Beide Behauptungen sind falsch. ad (1): Der bedeutende Physiker und Chemiker Johann Ritter hat zwischen 1800 und 1801 eng mit Goethe kooperiert, dieselbe Forschungsmethode eingesetzt wie Goethe und aufgrund dieser Kooperation das UV-Licht entdeckt. Bis (...) zu seinem Lebensende war er der Ansicht, dass die newtonische Theorie durch Fortführung der Experimente Goethes unterminiert werden könne. ad (2): Wie sich bei einer Kampfabstimmung unter den MINT-Forschern der Goethe-Zeit ergibt (bei der sämtliche veröffentlichte Voten von 1810 bis 1832 gezählt werden), stimmten gegen Goethe die Hälfte der Naturwissenschaftler, für ihn ein Drittel, bei 15 Prozent Stimmenthaltungen. Goethe hat die Abstimmung in der Tat verloren, doch eine verheerende Niederlage sähe anders aus. (shrink)
Goethes Protest gegen Newtons Theorie des Lichts und der Farben ist besser, als man gemeinhin denkt. Man kann diesem Protest in den wichtigsten Elementen folgen, ohne Newton in der physikalischen Sache unrecht zu geben. Laut meiner Interpretation hat Goethe in Newtons wissenschaftsphilosophischer Selbsteinschätzung eine entscheidende Schwäche aufgedeckt: Newton glaubte, mithilfe prismatischer Experimente beweisen zu können, dass das Licht der Sonne aus Lichtstrahlen verschiedener Farben zusammengesetzt sei. Goethe zeigt, dass dieser Übergang vom Beobachtbaren zur Theorie problematischer ist, als Newton wahrhaben wollte. (...) Wenn Goethe darauf beharrt, dass uns der Übergang zur Theorie nicht von den Phänomenen aufgezwungen wird, dann kommt dadurch unser eigener, freier und kreativer Beitrag zur Theorie-Bildung ans Tageslicht. Und diese Einsicht Goethes gewinnt eine überraschende Schärfe, weil Goethe plausibel machen kann, dass sich alle entscheidenden prismatischen Experimente Newtons aus der geometrischen Optik ebenso gut mit einer alternativen Theorie vereinbaren lassen. Wenn ich recht sehe, war Goethe der erste Wissenschaftsphilosoph, der mindestens eine empirisch äquivalente Alternative zu einer wohletablierten physikalischen Theorie gesehen und daraus weitreichende wissenschaftstheoretische Schlüsse gezogen hat: Damit war Goethe seiner Zeit um ein gutes Jahrhundert voraus. (shrink)
Die Skeptikerin fragt, wie wir ausschließen können, dass all unsere Erlebnisse auf einem umfassenden Traum beruhen. Träfe ihre Befürchtung zu, dann wären alle unsere Meinungen über die äußere Welt falsch, und da wir das nicht ausschließen können, haben wir (so folgert sie) keinerlei Wissen über die Welt. Um dem zu begegnen, könnte man der Skeptikerin vorwerfen, dass sie unsere gemeinsame Sprache missbraucht. Welche Wörter missbraucht sie? Welche Wörter gebraucht sie so anders, dass wir uns um ihre Überlegung nicht scheren müssen? (...) Ich spiele das sprachkritische Manöver gegen die Skeptikerin zunächst anhand des Wissensbegriffs durch (und komme zu dem Ergebnis, dass wir nicht klar genug sagen können, worin die unstrittige Bedeutung des Wortes "Wissen" besteht). Dann versuche ich es mit weniger tiefsinnigen Wörtern wie "Tiger". Wer stets träumt, gebraucht solche Wörter anders als wir, so die Überlegung. Dieser Gedanke funktioniert nur, wenn wir die Existenz von Außenwelt-Dingen voraussetzen dürfen; und diese Voraussetzung bestreitet die Skeptikerin. Daher spiele ich das sprachkritische Manöver zuguterletzt anhand des Traumbegriffs durch. Jemand kann das Wort "Traum" überhaupt nur dann gelernt haben, wenn er manchmal, aber nicht immer geträumt hat. Ergebnis: Entweder ich verstehe das Wort "Traum". Dann träume ich nicht seit jeher. Oder ich verstehe das Wort nicht. Dann brauche ich mich vom Traum-Argument auch nicht an meinen Wissens-Ansprüchen irre machen zu lassen. (shrink)
Pacifists and their opponents disagree not only about moral questions, but rather often about factual questions as well—as seen when looking at the controversy surrounding the crisis in Kosovo. According to my reconstruction of pacifism, this is not surprising since the pacifist,legitimately, looks at the facts in the light of her system of value. Her opponent, in turn, looks at the facts in the light of an alternative value system, and the quarrel between the two parties about supposedly descriptive matters (...) never ceases, as there is no objective reality about the war in question that could settle the issue.In my view, the pacifist's value-laden way of looking at reality implicitly obeys three epistemic imperatives. First, the Epistemic Imperative concerning Human Nature ("Resist demonizing the other side; always try to understand the case from the other point of view"). Second, the Epistemic Imperative concerning Non-Violent Alternatives ("Always search for non-violent alternatives to military action"). Third, the Epistemic Imperative concerning Uncontrolled Escalation ("Hone your senses to the uncontrolled, irreversible side effects of military action, particularly to the danger of military escalation leading to another world war"). Objective reality has no way of telling us how far we should go in following these imperatives. Rather, we have to make the decision about how far we are going to take them ourselves. In this way, the pacifist's epistemic imperatives are comparable to Kant's regulative principles. (shrink)
Was wissen Sie über Kosovo? Nicht genug. Nicht genug jedenfalls über objektive, wertfrei vorgegebene Fakten, mit deren Hilfe man verantwortungsethische Bewertungen des NATO-Angriffs begründen könnte. Trotzdem halte ich drei wertende Aussagen über den Kosovo-Konflikt für vernünftig. Sie lauten (in alphabetischer Reihenfolge): Der bewaffnete Kampf der Albaner im Kosovo war moralisch falsch. Die Militäreinsätze der Serben im Kosovo waren moralisch falsch (schon vor Beginn der NATO-Bombardements und erst recht danach). Und schliesslich: Die Luftschläge des Westens gegen Serbien waren moralisch falsch. Insbesondere (...) diese letzte Behauptung ist der Zielpunkt des Aufsatzes. Mein Plädoyer für diese Behauptung verläuft auf einem dritten Weg zwischen der gesinnungsethischen Position pazifistischer Rigoristen und der verantwortungsethischen Position ihrer Kontrahenten. Die grundlegende Richtlinie für meine Untersuchung besteht darin, keine Behauptungen als objektiv auszugeben, die in Wirklichkeit auf Wertungen beruhen. Schon beim Blick auf die Vorkriegs- und Kriegsgeschehnisse im Kosovo kommen wir nicht ohne die Hilfe von Werten aus; und ich plädiere dafür, diese Geschehnisse im Lichte einer verzweifelten Menschenliebe anzusehen: Daraus ergibt sich eine neue Form von Pazifismus. (shrink)
Rarely does research in the history and philosophy of science lead to new empirical results, but that is exactly what has happened in one of the essays of this special issue: Rang and Grebe-Ellis have developed new experimental techniques to perform measurements Goethe proposed 217 years ago. These measurements fit neatly with Goethe’s idea of polarity—his complementary spectrum is not only an optical, but also a thermodynamical counterpart of Newton’s spectrum. I use the new measurements, firstly, to argue against the (...) asymmetries between light and darkness posited by Lyre and Schreiber; and, secondly, to explicate the alternative theory that Goethe had introduced to urge scientific pluralism. In my replies to exegetical criticism by Böhler, Hampe and Zemplén, I show that the main goal of Goethe’s Farbenlehre was indeed to expose symmetries between light and darkness. Furthermore, I argue that it is worthwhile to focus on the experiments, arguments and hypotheses of the Farbenlehre, and not merely on rhetorical, narrative or stylistical aspects, as Böhler and Hampe would have it. Goethe’s criticism of Newton is often dismissed, but it is in fact surprisingly relevant today. (shrink)
Als Goethe in seiner monumentalen Farbenlehre einen Angriff auf Newtons Theorie des Lichts und der Farben lancierte, setzte er eine Methode ein, die er als Vermannigfachung der Erfahrungen bezeichnete: Er variierte verschiedene Parameter der newtonischen Experimente, um neuen Spielraum für Alternativen zur Theorie Newtons zu gewinnen. Dabei erzielte er durchaus Erfolge. U.a. entdeckte er das Komplement zum newtonischen Spektrum (das aussieht wie dessen Farbnegativ und durch Vertauschung der Rollen von Licht und Finsternis entsteht). Kürzlich hat der Wiener Maler Ingo Nussbaumer (...) Goethes Methode kongenial fortgeführt. Dabei hat er sechs weitere Farbspektren entdeckt. Sie entstehen, wenn man anstelle des Hell/Dunkel-Kontrasts (in Newtons und Goethes Experimenten) mit Paaren bunter Komplementärfarben arbeitet. Die neuen Farbspektren sehen genauso differenziert aus wie Newtons und Goethes Spektrum; doch anders als diese enthalten sie die unbunten "Farben" Schwarz und Weiß. Die vielfältigen Ordnungsbeziehungen und Symmetrien, die Ingo Nussbaumer in der Farbenwelt der insgesamt acht Spektren ausgemacht hat, verhelfen uns vielleicht zu einem tieferen Verständnis der Prinzipien menschlicher Farbwahrnehmung. Und sie tauchen die überkommenen Prinzipien der additiven und der subtraktiven Farbmischung in neues Licht. (shrink)
Nur weil Goethes letzter Brief an den Aufklärer und versierten Experimentalphysiker Lichtenberg nicht mehr beantwortet worden ist, sind viele Interpreten zu dem Ergebnis gelangt, dass Lichtenberg den Briefwechsel aus Unwillen über Goethes unbelehrbare Newton-Kritik abgebrochen hätte; Goethe selbst hat diese Interpretation nahegelegt. Doch bei gründlicher Neulektüre ergibt sich ein optimistischeres Bild. Goethe stand damals am Anfang seiner Farbenforschung, äußerte sich zu Newton weit weniger polemisch als später, gegenüber Lichtenberg aber voller Respekt – und zeigte sich offen für Kritik. In einem (...) seiner fünf Briefe reagierte Lichtenberg mit der erwünschten Kritik, und zwar so, wie sie unter Fachwissenschaftlern idealerweise aussehen sollte: voller Schwung, hinreichend skeptisch und doch konstruktiv. Goethe hat Lichtenbergs Kritik beherzigt, aufgegriffen, weitergedacht. Umgekehrt ließ sich Lichtenberg vom Briefpartner wissenschaftlich anregen; in der Tat bot Goethe ihm mit großer Sorgfalt eine Reihe von Anregungen, die gut zu Lichtenbergs Arbeit passten. Ja, Goethe ist möglicherweise zu anregend für ihn gewesen. Jedenfalls hat Lichtenberg es trotz gut dokumentierter Anzeichen von Begeisterung für Goethes gewagtes Projekt nicht vermocht, den Gedankenaustausch auf dem hohen Niveau fortzusetzen, das er zunächst geboten hatte. Ob der Briefwechsel am Ende aus gesundheitlichen Gründen, aus Willensschwäche oder einfach nur wegen Überarbeitung versandet ist, lässt sich den Dokumenten nicht entnehmen. Selbst die Hypothese einer wissenschaftlichen Entfremdung bleibt im Reich des Denkbaren. Unwahrscheinlich erscheint sie u.a. deshalb, weil an mindestens zwei Stellen eine Geistesverwandtschaft zwischen den beiden Protagonisten bestanden hat, die Goethe wohl ahnte und die heute angesichts damals unzugänglicher Texte deutlich in den Blick genommen werden kann: Erstens waren beide gleichermaßen von naturwissenschaftlichen Anwendungen des Polaritätsgedankens fasziniert, der seinerzeit viele neue Entdeckungen geliefert hatte und weitere verhieß; zweitens haben sie wichtige Einsichten der Wissenschaftsphilosophie des 20. Jahrhunderts vorweggenommen, etwa die Skepsis gegenüber eindeutig aus der Empirie abzulesenden Theorien und die These von der Theoriebeladenheit der Beobachtung. Goethe hatte Pech, dass diese Gemeinsamkeiten nicht vor Lichtenbergs Tod (und bis heute nicht) ans Tageslicht gekommen sind. Seine Kooperation mit Lichtenberg hätte zum Erfolg führen können; und der fatale Eindruck seiner Unbelehrsamkeit hätte sich vermeiden lassen. (shrink)
Anders als oft behauptet wird, hat Goethe in seinen optischen Experimenten sehr präzise nachgemessen. So stellt seine fünfte Tafel eine ganze experimentelle Serie geometrisch akkurat dar, und zwar in einem cartesischen Koordinaten-System, dessen Maßstab sich recht genau rekontruieren lässt. Indem Goethe seine Versuchsergebnisse idealisierte und von störenden Nebeneffekten bereinigte, folgte er einer gängigen Praxis damaliger und heutiger Naturwissenschaft. Er idealisierte anders als Newton, verstieß dadurch aber nicht gegen die Regeln der Experimentierkunst.
Kurz bevor Goethe in den Jahren 1808/9 die Wahlverwandtschaften schrieb, hatte sich sein ehemaliger naturwissenschaftlicher Kooperationspartner Johann Ritter in Untersuchungen zu Wünschelruten und Pendeln (1807/8) verloren, aus denen angeblich eine weitere tiefgreifende Analogie zwischen den Polaritäten in der Natur und denen beim Menschen hervorgehen sollte. Ritter arbeitete damals schon seit Jahren erfolgreich mit Goethes Polaritätsbegriff, und war dadurch sogar auf seinen größten Erfolg geleitet worden (die Entdeckung des UV-Lichts). So ist es nicht überraschend, dass sich Goethe für die Pendelexperimente interessierte (...) – und ihnen im Roman ein literarisches Denkmal setzte (während er sich wissenschaftlich dazu sicherheitshalber nicht äußerte). Die von beiden geteilte Polaritätsidee lief auf mehr hinaus als den vagen Gegensatz zwischen irgendwelchen antagonistischen Wirkfaktoren; vielmehr hatte sie handfeste strukturelle Implikationen im Sinne einer mathematischen Symmetrie: Bei Vertauschung der entgegengesetzten Pole in irgendeiner gegebenen Konfiguration kehren sich die ursprünglich beobachtbaren Wirkungen genau in ihr Gegenteil um. Diese Idee ist ein Kerngedanke der Farbenlehre (1810) und liegt z. B. Goethes Farbenkreis zugrunde; überraschenderweise lässt sie sich an einigen entscheidenden Wendepunkten der Wahlverwandtschaften präzise dingfest machen, und dadurch gewinnt ein beliebtes Spiel unter Goethelesern einen neuen Dreh: Die Farben des Farbenkreises haben eindeutig identifizierbare Gegenstücke im Personentableau des Romans. (shrink)
Goethe und Schelling begannen ihre Zusammenarbeit mit intensiven optischen Experimenten. Schelling lernte von Goethe, dass sich viele Farbphänomene bipolar anordnen lassen und dass eine optische Symmetrie bzw. Dualität zwischen weißem Licht und schwarzem Schatten besteht. Goethe lernte von Schelling, dass man das Prinzip der Bipolarität als forschungsleitende Idee verstehen kann (als eine regulative Idee in Kants Sinn). In der optischen Forschung kommt man mit dieser Idee wesentlich weiter, als gemeinhin angenommen wird; ihr Potential ist bis heute nicht ausgeschöpft. Sie ist (...) u.a. deshalb in der Versenkung verschwunden, weil ihre Verfechter mit ihr unseriös über die Stränge schlugen – außerhalb der Optik. Wenn sich das hätte vermeiden lassen, wäre Goethes Farbenlehre von Physikern möglicherweise weniger feindselig aufgenommen worden. Pech für Goethe. (shrink)
In the seventeenth century, Newton used bis famous prism to found the physics of spectral light, thus revolutionising our thinking about colours; more than a hundred years later, Goethe protested against Newton's theory and discovered a number of new prismatic colour phenomena. Did these episodes in the history of science have any influence on the visual arts? For a decade now my visits to art museums have had an agenda: I have been looking for nineteenth-century paintings with certain spectral colour (...) (which will be described in the first half of this paper). While my search has been unsuccessful in traditional Western art, I found what I was looking for in Japanese art: in woodblock prints by Hokusai and Hiroshige. This is surprising; little Western science had reached Japan in their time. The second half of the paper presents this riddle, which I am nowhere near solving. Even without a solution, however, a riddle can be instructive. In this case, it may help to bring into focus the fascinating exchange between two distant cultures. Much has been written on the cultural relativity of colour perception, colour systematisation and colour aesthetics; I want to introduce a new and so far unknown case that might contribute to this debate - though the debate itself remains beyond the scope of this paper. (shrink)
Laut pragmatischem Pazifismus reicht unser rein objektives Wissen über das Vor- und Umfeld von Kriegen nicht sonderlich weit. Schon unsere besten informativen Darstellungen jeder beliebigen Vorkriegssituation sind wertbeladen. Im Lichte dieser Einsicht wird verständlich, warum sich Pazifisten und ihre Gegner nie über aufschlussreiche Kriegsdarstellungen einigen können. Pazifisten setzen schon bei der Beschreibung andere Werte ein als ihre Gegner. Obwohl das in beiden Fällen legitim ist, sind die Werte der Pazifisten attraktiver als die der Kriegsbefürworter. Pazifismus ist auch ohne Gesinnungsethik möglich.
Wenn überhaupt in einem Gebiet Wahrheit und Existenz unabhängig von unseren Erkenntnisfähigkeiten sind, dann in der Metaphysik – etwa bei der Frage, ob es Gott gibt oder eine Seele, die unseren Tod überdauert. Die metaphysica specialis schreit geradezu nach metaphysischem Realismus und dem zugehörigen Wahrheitsbegriff. Von diesem Ausgangspunkt gerät man allerdings schnell in Verlegenheit, wenn man fragt: Nach welchen Kriterien sollen wir uns richten, wenn wir uns über Gott oder Unsterblichkeit ein Urteil bilden wollen? Mit den Mitteln der Naturwissenschaft und (...) deren rationaler Methodologie (in der es um Empirie, Einfachheit, Sparsamkeit usw. geht) kommen wir bei Themen wie Gott oder Unsterblichkeit immer nur bis zum Patt. Genauso steht es bei der Frage, ob wir in unseren Entscheidungen frei sind. Urteilsenthaltung können wir uns nicht erlauben, dafür sind die metaphysischen Fragen zu wichtig; Auslosen kommt auch nicht infrage. Statt erkenntnistheoretisch zu kapitulieren, schlage ich programmatisch vor, die Erkenntnislehre auf weichere Weise weiterzubetreiben. Emotion, Intuition, Moral – das sind einige der zusätzlichen außerrationalen Hilfsmittel, mit deren Hilfe wir weiterkommen können. Ich zeige, dass diese Hilfsmittel respektabler und gewichtiger sind, als kühle, rationale Erkenntnistheoretiker zugeben wollen. Diese Hilfsmittel führen zu guten Postulaten aus Unvernunft (und zwar nicht nur in der Metaphysik). Wie schlimm es für den Realismus ist, dass diese Postulate immer noch falsch sein könnten, diese Frage werde ich im vorliegenden Aufsatz nicht mehr klären. (shrink)
Wie müsste eine faire Lösung des Klimaproblems aussehen? Wie sollten wir Pflichten und finanzielle Lasten der nötigen CO2-Reduktionen verteilen, wenn es dabei gerecht zugehen soll und keiner übervorteilt werden darf? In meiner Antwort auf diese ethischen Fragen stütze ich mich auf einen Grundsatz, den Angela Merkel formuliert hat: Jeder Mensch hat das Recht, genauso viel CO2-Emissionen zu verursachen wie jeder andere. Anders als die Bundeskanzlerin, die den Grundsatz nur langfristig in die Tat umsetzen will, plädiere ich dafür, dass die Gleichberechtigung (...) aller in Sachen CO2-Ausstoß schon unter dem Nachfolge-Regime des Kyoto-Vertrags gelten soll. In einem ersten Schritt soll die Steigerung der weltweiten CO2-Emissionen angehalten werden. Um das auf gerechte Weise zu bewerkstelligen, werden in feiner Stückelung Rechte zum CO2-Ausstoß (die sog. Mikro-Zertifikate) ausgegeben, und zwar zunächst für genau so viel CO2, wie die Menschheit zur Zeit insgesamt pro Jahr in die Luft bläst. Wer CO2 emittieren will, gleichgültig wo, wie und wozu, darf das nur gegen Entwertung einer entsprechenden Anzahl an Mikro-Zertifikaten, sonst macht er sich strafbar. Die Mikro-Zertifikate werden auf einer weltweiten Börse gehandelt; ihr Preis ergibt sich aus Angebot und Nachfrage. Mein Vorschlag unterscheidet sich in zweierlei Hinsicht von den Versteigerungen der CO2-Zertifikate, wie sie bislang konzipiert und organisiert worden sind. Einerseits sollen am Ende alle Emissionen klimaschädlicher Gase in den Handel mit Mikro-Zertifikaten einbezogen werden. Andererseits wird das Geld, das durch die Versteigerung der Mikro-Zertifikate zusammenkommt, in regelmäßigen Abständen und ohne Abzüge an jeden einzelnen Menschen ausgezahlt. Das ist einfach, fair und transparent. In einem zweiten Schritt sind die weltweiten CO2-Emissionen drastisch zu verringern: Nach einer siebenjährigen Verschnaufpause (in der sich Produzenten und Verbraucher auf die erforderlichen Anpassungen vorbereiten können) beginnen die sieben dürren Jahre der CO2-Politik: Jahr für Jahr werden 10% weniger Mikro-Zertifikate ausgegeben. Am Ende dieser Durststrecke haben sich die weltweiten CO2-Emissionen halbiert, und die Klima-Investitionen sind dahin geflossen, wo sie dem Klima am stärksten nutzen und wo das am wenigsten Kapital verschlingt. (shrink)
Als Goethe in seiner monumentalen Farbenlehre (1810) versuchte, Newtons Theorie des Lichts und der Farben anzugreifen, setzte er eine Methode ein, die er als Vermannigfachung der Erfahrungen bezeichnete: Er variierte verschiedene Parameter der newtonischen Experimente, um neuen Spielraum für Alternativen zur Theorie Newtons zu gewinnen. Dabei erzielte er durchaus Erfolge. U.a. entdeckte er das Komplement zum newtonischen Spektrum (das aussieht wie dessen Farbnegativ und durch Vertauschung der Rollen von Licht und Finsternis entsteht). Und diese Entdeckung ist nur die Spitze des (...) Eisberges. Wie sich aus Newtons eigener Theorie ableiten lässt, hat jedes Experiment, das Newton zugunsten seiner Theorie anführen kann, ein umgedrehtes Gegenstück, worin die Rollen von Licht und Dunkel genau vertauscht sind und jede bunte Farbe durch ihre Komplementärfarbe ersetzt ist. Daraus ergeben sich weitreichende wissenschaftsphilosophische Konsequenzen: Mit Newtons eigener Logik kann man aus den umgekehrten Experimenten auch eine umgekehrte Theorie beweisen: die Theorie von der Heterogenität der Finsternis. Laut dieser Theorie besteht Finsternis aus verschiedenfarbigen Schattenstrahlen, während das Helle als Abwesenheit optischer Kausalfaktoren gedeutet wird (so wie bei Newton die Dunkelheit). Diese neue Theorie bietet ein hervorragendes neues Beispiel für Quines These von der Unterbestimmtheit der Theorie durch Daten und Theorietugenden. Und in der Tat war Goethe wohl der erste Verfechte einer Unterbestimmtheitsthese. (shrink)
In der Literatur zur Wirkungsgeschichte der Farbenlehre Goethes aus dem Jahr 1810 grassieren zwei Vorurteile: (1) Nur ein einziger Physiker von Rang (Seebeck) habe sich auf Goethes Projekt wissenschaftlich eingelassen. (2) Schon zu Goethes Lebzeiten habe sich die Fachwissenschaft mit überwältigender Mehrheit gegen den Dichter ausgesprochen. Beide Behauptungen sind falsch. ad (1): Der bedeutende Physiker und Chemiker Johann Ritter hat zwischen 1800 und 1801 eng mit Goethe kooperiert, dieselbe Forschungsmethode eingesetzt wie Goethe und aufgrund dieser Kooperation das UV-Licht entdeckt. Bis (...) zu seinem Lebensende war er der Ansicht, dass die newtonische Theorie durch Fortführung der Experimente Goethes unterminiert werden könne. ad (2): Wie sich bei einer Kampfabstimmung unter den MINT-Forschern der Goethe-Zeit ergibt (bei der sämtliche veröffentlichte Voten von 1810 bis 1832 gezählt werden), stimmten gegen Goethe die Hälfte der Naturwissenschaftler, für ihn ein Drittel, bei 15 Prozent Stimmenthaltungen. Goethe hat die Abstimmung in der Tat verloren, doch eine verheerende Niederlage sähe anders aus. (shrink)
Moritz Schlicks Plädoyer für ein empirisches Fundament unserer Erkenntnis enthält weder reduktionistische noch phänomenalistische Extrempositionen. Seine Beispiele für Fundamentalsätze haben allesamt die Form: Hier jetzt so und so; aber nicht alle diese Sätze sind Fundamentalsätze. Was muss man für die letzten drei Wörter dieses Schemas einsetzen, um wirklich beim Fundament anzukommen? Ich schlage vor, die Frage durch Rückgriff auf das interpretationstheoretische Prinzip des Wohlwollens zu beantworten. Demzufolge sind diejenigen Sätze (der Form Hier jetzt so und so) Fundamentalsätze, über die kein (...) inhaltlicher Streit aufkommen kann; wer bei solchen Sätzen – unter denselben Umständen – zu einem anderen Urteil kommt als wir, der bezeugt dadurch keine Meinungsverschiedenheit in der Sache, sondern nur einen anderen Gebrauch sprachlicher Ausdrücke. Bei welchen Ausdrücken funktioniert dieses Kriterium besonders gut? Einerseits bei Ausdrücken, die mit Gesichtsfeldern zu tun haben; noch besser bei Ausdrücken aus dem eindeutig phänomenalistischen Bereich unserer Sprache. (shrink)
Selbst wenn die traditionellen Beweise der immateriellen Seele (von Platon bis Descartes) zu wünschen übrig lassen, muss uns das nicht davon abhalten, sie mit den Mitteln der modernen analytischen Philosophie neu zu fassen und wasserdicht zu machen. Ich werde (ohne eigene Diskussion der bereits vorliegenden Beweise) eine neue Version vorschlagen, die von Swinburne angeregt wurde, sich an wesentlichen Stellen von seinem Ansatz unterscheidet und auf zwei verblüffend schwachen Prämissen beruht: Einerseits auf der konsistenten Vorstellbarkeit von Gedankenspielen, in die irgend eine (...) beliebige Wahrheit über meine augenblickliche Situation integriert ist und denen zufolge ich meinen Tod seelisch, aber ohne Körper überlebe; diese Prämisse ergibt sich der virtuosen Macht unseres Möglichkeitssinns. Andererseits beruht der Beweis auf einer Voraussetzung, die sich (ohne exegetische Garantie) als Echo aristotelischer Substanz-Konzeptionen verstehen, aber ohne großen ontologischen Überbau begründen lässt – dem zufolge folgt aus der materialistischen Analyse meiner augenblicklichen Situation, dass diese Analyse während meiner gesamten Existenz gilt (einmal Körper, immer Körper). Die Logik des Beweises ist bodenständig und setzt keine strittigen modallogischen Prinzipien voraus. Und die Konklusion des Beweises besagt, dass ich jetzt eine immaterielle Seele habe, aber nichts über deren Unsterblichkeit. (shrink)
Wie sich das Licht blauer und roter Leuchtdioden additiv mischt und Purpur liefert, demonstrierte die Lichtinstallation "Farb-Licht-Nebel" von Bachmann und Pericin auf der Tagung Farbe als Experiment des Deutschen Farbenzentrums (Wuppertal, 25.-26.9.2014). Die Künstler nutzten eine Technik der Farbdarstellung, die Goethe in seiner Farbenlehre (1810) für seinen Angriff auf Newtons Opticks (1704) publik gemacht hatte. Während die Künstler sich mit ihrem Blick auf grünes Licht stark von Goethe absetzten und stattdessen der von Newton geprägten Orthodoxie folgten, passt ihre Purpur-Darstellung gut (...) zu Goethes Farbenlehre. Sie ist bis heute ernstzunehmen. (shrink)
Verstehen wir die Rede vom seelischen Leben außerhalb der Natur? Gewisse Fassungen des Naturalismus bestreiten das. Diese Formen von Naturalismus möchte ich widerlegen. Sie scheitern, weil sie mit dem mentalen Vokabular der Gehirne im Tank nicht zurandekommen. Denn anders als das semantisch instabile Vokabular der Naturwissenschaft muss das mentale Vokabular der Gehirne im Tank nicht uminterpretiert werden, wenn es von der Tanksprache in unsere Sprache übertragen werden soll. Eingetankte Ausdrücke wie „ich denke", ,,ich bin der Ansicht" usw. sind semantisch stabil. (...) Durch diesen Kontrast ergibt sich ein neues Verständnis der Rede von einem mentalen Leben im Jenseits. (shrink)
Als Goethe in seiner monumentalen Farbenlehre (1810) versuchte, Newtons Theorie des Lichts und der Farben anzugreifen, setzte er eine Methode ein, die er als Vermannigfachung der Erfahrungen bezeichnete: Er variierte verschiedene Parameter der newtonischen Experimente, um neuen Spielraum für Alternativen zur Theorie Newtons zu gewinnen. Dabei erzielte er durchaus Erfolge. U.a. entdeckte er das Komplement zum newtonischen Spektrum (das aussieht wie dessen Farbnegativ und durch Vertauschung der Rollen von Licht und Finsternis entsteht). Ingo Nussbaumer hat Goethes Methode kongenial fortgeführt. Dabei (...) hat er sechs weitere Farbspektren entdeckt. Sie entstehen, wenn man anstelle des Hell/Dunkel-Kontrasts (in Newtons und Goethes Experimenten) mit Paaren von Komplementärfarben arbeitet. Die neuen Farbspektren sehen genauso differenziert aus wie Newtons und Goethes Spektrum; doch anders als diese enthalten sie die unbunten "Farben" Schwarz und Weiss. Die vielfältigen Ordnungsbeziehungen und Symmetrien, die Ingo Nussbaumer in der Farbenwelt der insgesamt acht Spektren ausgemacht hat, verhelfen uns vielleicht zu einem tieferen Verständnis der Prinzipien menschlicher Farbwahrnehmung. Abgesehen davon haben sie einen hohen ästhetischen Reiz. Und sie regen dazu an, über kontrafaktische Verläufe der Wissenschaftsgeschichte zu spekulieren: Wie gut hätte sich Newtons Theorie des Lichts und der Farben in den Jahren nach ihrer Veröffentlichung (1672) durchsetzen können, wenn damals das newtonische Spektrum zusammen mit seinen sieben Gegenstücken bekannt geworden und daher nicht das einzige Spektrum gewesen wäre, mit dem die Theorie hätte fertigwerden müssen? (shrink)
Wenn ausgerechnet Pazifisten bei der Verfechtung ihrer Position aggressiv werden, so finden wir das besonders verstörend – jedenfalls verstörender als bei anderen Spannungen zwischen Theorie und Praxis. Woran liegt das? Meiner Ansicht nach kommen in diesem Fall drei Elemente zusammen, deren Mischung die pazifistische Position von innen bedroht: Während sich der hasserfüllte Pazifist schon beim Diskutieren schnell von negativen Emotionen fortreißen lässt, also alles andere als Willensstärke dokumentiert, verlangt er in seiner Theorie ein Höchstmaß an Willensstärke, und zwar gerade im (...) Umgang mit Emotionen. Dass er das nicht schafft, wirft nicht nur ein negatives Licht auf seine Person, sondern liefert Gründe gegen seine Theorie. Lektion: Der Pazifist ist gut beraten, vorbildlich mit seinen Emotionen umzugehen. (shrink)
Ich möchte philosophische Ideen von Hilary Putnam, Crispin Wright, Donald Davidson und George Eduard Moore zusammenbringen, um hieb- und stichfest zu beweisen, dass die beste skeptische Hypothese (gegen unser Wissen um die Beschaffenheit der Aussenwelt) nicht zutreffen kann. Putnams Externalismus, Wrights zusätzlicher Appell an Disquotationsprinzipien, Davidsons wahrheitskonditionale Semantik und Moores Verweis auf seine eigenen Hände lassen sich zu einem vierzeiligen Beweis verschmelzen, dessen Konklusion besagt, dass wir nicht von Anbeginn Gehirne im Tank sein können.
Um die menschliche Farbwahrnehmung zu durchleuchten und nach transkulturellen Invarianten oder Variationen zu fahnden, pflegen anglophone Forscher seit Gladstones Pionierstudie aus dem Jahr 1858 zu untersuchen, wie die Farbwörter in den Sprachen anderer Zeiten und Länder funktionieren. Während die beachtlichen Ergebnisse dieser Forschung aus neuerer Zeit sehr wohl ins Schwarze treffen könnten, ist ihre Methode kritisch zu sehen: Bei der Untersuchung fremder Sprachen und Wahrnehmungsweisen erscheint es unstatthaft, eine bestimmte Ordnung des Farbenraumes vorauszusetzen, die auf Newton zurückgeht und selbst in (...) der europäischen Wissenschaft nicht ohne Alternativen ist. (shrink)
When it became uncool to speak of beauty with respect to pieces of art, physicists started claiming that their results are beautiful. They say, for example, that a theory's beauty speaks in favour of its truth, and that they strive to perform beautiful experiments. What does that mean? The notion cannot be defined. (It cannot be defined in the arts either). Therefore, I elucidate it with examples of optical experimentation. Desaguliers' white synthesis, for example, is more beautiful than Newton's, and (...) the many colourful syntheses done by Viennese painter Ingo Nussbaumer exemplify even greater beauty. Here are some criteria (which, of course, do not implement a decision procedure concerning beauty in experiments): cleanliness, simplicity, intellectual clarity, symmetry. Similar criteria are relevant to our aesthetical judgements about some pieces of music. So we can assume that our notion of beauty conserning art is related to the one conserning scientific experiments. (shrink)
In der Schlickvorlesung ("Warte, bis Du stirbst") habe ich im Detail Geschichten erzählt, die jemand erleben müsste, um sein Weiterleben nach dem Tod zu verifizieren. Diese Geschichten hatten eine dualistische Stoßrichtung, lieferten aber kein Argument zugunsten des Dualismus, kein Argument zugunsten der Möglichkeit, dass unsere Seele auch ohne Körper weiterlebt. Niko Strobach hat implizite Argumente aus der Schlickvorlesung herausgelesen und kritisiert. In meiner Reaktion auf diese Kritik spreche ich mich für eine epistemische Lesart der dualistischen Möglichkeit aus; ob der Dualismus (...) metaphysisch möglich ist, finde ich irrelevant. Zudem verteidige ich das von mir benutzte – im weitesten Sinne empiristische – Sinnkriterium; ich biete eine narrative und eine cineastische Version des Kriteriums an: Ein Satz hat guten Sinn, wenn sich eine konkrete Geschichte denkbarer Wahrnehmungserlebnisse erzählen bzw. verfilmen lässt, denen der Erlebende Evidenzen für oder gegen den Satz entnehmen kann. Da die Geschichten von der Auferstehung des Fleisches, die Niko Strobach der christlichen Tradition entnimmt, heutzutage narrativ suboptimal sind, bleibe ich bei der These aus der Schlickvorlesung: Die Frage des Weiterlebens nach dem Tod hat guten Sinn, und um das nachzuweisen, eignen sich am besten dualistische Geschichten. (shrink)
Was sollen wir von einem seelischen Leben außerhalb der Natur halten? In seinem Kommentar zu meiner metaphysischen Provokation „Jenseits" legt Thomas Sukopp nahe, dass jede Evidenz gegen jene Möglichkeit spreche. Ich sehe das anders; weder spricht irgendwelche apriorische Evidenz gegen ein seelisches Leben außerhalb unserer Körper, noch spricht empirische Evidenz dagegen. Nicht einmal Wahrscheinlichkeiten können wir gegen das Jenseits ins Feld führen, denn Wahrscheinlichkeitsbehauptungen beruhen auf Naturbeobachtung- und der Streit dreht sich um etwas außerhalb der Natur. Genauso wenig helfen Kriterien (...) wie Einfachheit oder Sparsamkeit. Unsere Erkenntnismittel reichen nicht hin, um zu einem Ergebnis oder auch nur zu einer begründeten Hypothese über Unsterblichkeit zu gelangen. Unsterblichkeit ist eine Frage der Hoffnung, keine Frage rationaler Erkenntnis. (shrink)
Kein Hahn kräht mehr nach dem Verifikationsprinzip, das Moritz Schlick zusammen mit seinen Mitstreitern des Wiener Kreises verfochten hat. Seit einem halben Jahrhundert gilt das Prinzip als philosophisch erledigt; doch Totgesagte leben länger. Ich versuche, eine Fassung des Prinzips zu formulieren, die auch unter den Bedingungen der Nachkriegs-Philosophie verteidigt werden kann: Grob gesagt, muss jeder sinnvolle Satz im Prinzip empirisch (oder doch aposteriori) überprüft werden können, einerlei ob verifiziert oder falsifiziert, ob fallibel oder infallibel, ob direkt oder indirekt, ob deduktiv, (...) abduktiv oder induktiv, ob durch Sinneswahrnehmung oder durch Selbstwahrnehmung. Je nach Situation verlangt das Prinzip die unterschiedlichsten Formulierungen; es wäre verfehlt, es ein für allemal zu fixieren. Vermutlich können wir es sogar auf Sätze ausdehnen, die sich apriori rechtfertigen lassen. Anhand einer Serie von Beispielen (die z.T. aus Schlicks Schriften stammen) demonstriere ich, welche guten Dienste das Prinzip leistet. Erstens dient es dazu, intellektuelle Hochstapelei aus dem Spiel zu werfen und von sinnvollen Aussagen zu unterscheiden. Nun gibt es Sätze, an deren Sinn wir nicht gern rütteln lassen wollen, selbst wenn zunächst nicht klar ist, wie sie sich überprüfen lassen sollen. Das legt einen zweiten Einsatz des Prinzips nahe: Wir sind in diesem Fall aufgerufen, mehr Mühe in den scheinbar unüberprüfbaren Satz zu investieren, ihn besser zu explizieren und dabei doch noch einen Weg zu seiner Überprüfung freizuschaufeln. Bei dieser Übung kann sich sogar unser Überprüfungsbegriff verändern (und damit auch der Gehalt des Verifikationsprinzips selbst). Insgesamt sollten wir den Überprüfungsbegriff so fassen, dass laut Prinzip nicht zuviele wichtige Sätze sinnlos erscheinen. In einer aufklärerischen Ethik des klaren Redens, Meinens und Fragens kommt es darauf an, die gegenläufigen Denkbewegungen auszutarieren, in die wir beim verifikationalistischen Philosophieren gezogen werden. Was das heißt, führe ich anhand vermeintlich sinnloser Sätze aus der Raum/Zeit-Philosophie vor. Am Ende des Aufsatzes bringe ich einige Beispiele ausgemachten Unsinns. (shrink)
Analytische Sätze, die kraft Definition wahr sein sollen, schaden der Naturwissenschaft oder trivialisieren ihren Fortschritt: So lautet einer der Kritikpunkte, die Quine in seinem Feldzug gegen die Unterscheidung zwischen synthetischen und analytischen Sätzen vorgebracht hat. Sie schaden, so Quine, weil sie nicht revidiert werden dürfen und damit die Wahlfreiheit beim Theorienwandel über Gebühr einschränken. (Hätte sich z.B. Einstein vom analytischen Status der newtonischen Impulsdefinition beeindrucken lassen, so hätte er die Relativitätstheorie nicht formulieren können). Oder sie trivialisieren den Fortschritt, weil sich (...) durch Preisgabe analytischer Sätze bloß die Sprache ändert – und wie soll uns eine Änderung der Begriffe vorwärtsbringen? Um dieser Herausforderung zu begegnen, müssen wir Sprach- und Theorienwandel auseinanderdividieren. Im Falle einer wissenschaftlichen Revolution findet beides gleichzeitig statt. Trotzdem kann man die Beobachtungskonsequenzen der neuen Theorie (mithilfe des Ramsey-Satzes) mit denen der alten vergleichen; und mithilfe des Carnap-Satzes kann man den jeweiligen analytischen Anteil der beiden Theorien extrahieren. Es war Carnaps Fehler, diesen Schachzug zur Definition des Begriffs vom analytischen Satz heranzuziehen. Umgekehrt wird ein Schuh draus: Mithilfe einer holismustauglichen Definition von "analytisch" lässt sich zeigen, dass die Carnap-Sätze analytisch sind. Hier die Grundidee der fraglichen Definition: Ein Satz ist analytisch, wenn sich der empirische Gehalt keiner Gesamttheorie dadurch ändert, dass man ihr den Satz einpflanzt. (shrink)
Let us imagine an ideal ethical agent, i.e., an agent who (i) holds a certain ethical theory, (ii) has all factual knowledge needed for determining which action among those open to her is right and which is wrong, according to her theory, and who (iii) is ideally motivated to really do whatever her ethical theory demands her to do (even when she speaks). If we grant that the notions of omniscience and ideal motivation both make sense, we may ask: Could (...) there possibly be an ideal utilitarian, that is, an ideal ethical agent whose ethical theory says that our only moral obligation consists in maximizing utility? I claim that an ideal agent cannot be utilitarian. An ideal utilitarian cannot entertain or communicate the beliefs necessary to being a utilitarian. For if every speech act from her mouth maximizes utility, she cannot be interpreted to utter assertions at all. Her very moral theory undermines the conditions necessary for entertaining it. (shrink)
Spätestens seit es in der Kunst außer Mode kam, das Wort Schönheit einzusetzen, begannen die Physiker, ihre Arbeitsergebnisse schön zu nennen. Sie sagen z.B.: Wenn eine Theorie schön ist, so spricht das für die Wahrheit der Theorie. Und sie streben nach schönen Experimenten. Was ist damit gemeint? Definieren lässt sich dieser Begriff genauso wenig wie für Kunstwerke. Daher erläutere ich ihn anhand optischer Experimente Newtons, Goethes und aus neuerer Zeit. Man kann z.B. zeigen, dass die Weißsynthese des Desaguliers schöner ist (...) als Newtons Weißsynthese und dass den vielfältigen Farbsynthesen des Wiener Malers und Farbexperimentators Ingo Nussbaumer noch höherer ästhetischer Wert zukommt. Aus alledem ergibt sich eine tentative Liste von Kriterien (die sich freilich nicht in einen idiotensicheren Bewertungs-Algorithmus einspeisen lassen, sondern Urteilskraft verlangen): Sauberkeit, Einfachheit, intellektuelle Klarheit und Symmetrie sind Merkmale schöner Experimente – und diese Merkmale sind z.B. auch bei der ästhetischen Beurteilung mancher (wenn auch nicht aller) Musikstücke relevant. Daher liegt es nahe zu vermuten, dass sich unsere ästhetische Urteilskraft – in so verschiedenen Bereichen wie Optik und Musik – verwandter begrifflicher Werkzeuge bedient. (shrink)
Can we conceive of a mind without body? Does, for example, the idea of the soul's immortality make sense? Certain versions of materialism deny such questions; I shall try to prove that these versions of materialism cannot be right. They fail because they cannot account for the mental vocabulary from the language of brains in the vat. Envatted expressions such as "I think", "I believe", etc., do not have to be reinterpreted when we translate them to our language; they are (...) semantically stable. By contrast, physical expressions from the vat language are semantically instable; due to Putnam's externalism they cannot be transported to our language without change. This contrast opens the way to a new understanding of what the immortality of the soul might be like: A brain in a vat (and its mental life) might survive what the brain calls "my physical body's death". (shrink)
Militärtechnisch könnte der Westen (und sogar Deutschland alleine) einen Krieg gegen den Islamischen Staat (IS) gewinnen; aber es wäre ein weiterer Pyrrhussieg über radikale Kräfte unter islamischer Flagge. Wenn wir uns für die Folgen unseres Nichtstuns verantwortlich fühlen sollen, dann sind wir erst recht verantwortlich für die fatalen Neben-, Spät- und Langzeitfolgen unserer Interventionen im Nahen Osten : Die Region ist voller Waffen (die zum erheblichen Teil von uns stammen) und voller Fanatiker, die auch wegen unserer Anwesenheit immer neu radikalen (...) Zulauf finden. Nach all diesen entmutigenden Erfahrungen sollten wir uns eingestehen, dass wir uns überschätzt haben und gescheitert sind. Um der Konfrontation auf lange Sicht ein Ende zu bereiten, sollten wir aus der Region vollständig abziehen, keine Waffen liefern – und in der muslimischen Welt um Entschuldigung für unsere vormalige Hybris bitten. Der Frieden im Nahen Osten muss von den dort Wohnenden selber gefunden werden. (shrink)
Sprachliche Ausdrücke, mit deren Hilfe wir Spiele beschreiben und vorantreiben, sind in ihrer Verwendungsweise so vielfältig wie kaum irgendwelche anderen Ausdrücke. Und sie haben eine Eigenschaft, die man mit dem Thema Spiel eher nicht in Verbindung bringen würde: Sie eignen sich dazu, auf substantive Weise Metaphysik zu treiben oder wieder ingangzubringen. Diese Art der Starthilfe hat die jahrtausendealte Metaphysik (metaphysica specialis) neuerdings nötig. Seit knapp hundert Jahren steht sie im Verdacht, auf nichts besseres hinauszulaufen als leeres, unverständliches Wortgeklingel. Wer diesen (...) sprachphilosophischen Verdacht auszuräumen wünscht, tut gut daran, unverdächtige Redebereiche zu bemühen. In der Tat, mithilfe unserer höchst robusten, völlig alltäglichen Rede vom Spielen und beim Spielen können wir tiefe metaphysische Möglichkeiten verständlich machen, etwa die Möglichkeit einer Wirklichkeit jenseits oder oberhalb des Bereichs derjenigen Wirklichkeit, die wir Natur oder physisches Universum nennen. Dazu betrachte ich ein philosophisches Gedankenspiel (das den Matrix-Filmen zugrundeliegt und all unsere Wissensansprüche zu unterminieren scheint): Wir sind Gehirne im Tank, d.h. wir haben keinen vollständigen menschlichen Körper, sondern nur ein Gehirn, das in einem Tank mit Nährflüssigkeit schwebt; die Nerven-Enden dieser Gehirne sind mit einem Supercomputer verbunden, der uns die Illusion verschafft, dass alles in Ordnung sei. Hiergegen hat Hilary Putnam folgende sprachphilosophische Schwierigkeit aufgeworfen: Wie soll ein Gehirn im Tank seine eigene Situation treffend auf den Punkt bringen, wenn doch seine Ausdrücke "Tiger", "Gehirn", "Tank" usw. allesamt nicht mit echten Tigern, Gehirnen usw. verknüpft sind, sondern mit Nullen und Einsen im Computer? Putnam trieb diese Schwierigkeit bis an den Punkt, an dem sich zweifelsfrei beweisen lässt, dass wir keine Gehirne im Tank sein können. Und da hatte er meiner Ansicht nach recht. Wie ich meine, sollten wir uns nicht darüber den Kopf zerbrechen, ob wir ein Gehirn im Tank sind, sondern darüber, ob wir in einer analogen Situation stecken, um eine Ebene nach oben verschoben. Um die Metaphern dieser Formulierung des Problems auszupacken, setze ich Spielvokabeln ein. Wegen ihrer atemberaubenden Flexibilität brauchen sie (im Unterschied zur naturwissenschaftlichen Sprache) bei Übersetzung aus der Tanksprache in unsere Sprache nicht verändert zu werden; solche Ausdrücke heißen semantisch stabil. Mit ihrer Hilfe können wir gravierende metaphysische Möglichkeiten aufwerfen, z.B.: "Jemand, der nicht aus Materie besteht und nicht in meinem physischen Universum vorkommt, treibt mit mir von außerhalb seine Machtspielchen". Damit beziehen wir uns vielleicht auf die außerirdische Programmiererin der Simulation, in der wir möglicherweise doch stecken. Weniger respektlos formuliert, wäre das die Frage eines allmächtigen Schöpfergottes außerhalb unserer physikalischen Raumzeit: Metaphysik pur. (shrink)
Die Frage des Weiterlebens nach dem Tod ist sinnvoll, selbst im Lichte des strengen Sinnkriteriums der logischen Empiristen. Schlick schlägt folgende Verifikationsmethode fürs postmortale Weiterleben vor: "Warte, bis Du stirbst". Da Schlick diesen Gedanken nicht ausgearbeitet hat, spiele ich verschiedene Versionen der vorgeschlagenen Verifikation durch: Weiterleben mit einem fremden Körper und körperloses Weiterleben. Um die Identität des Weiterlebenden zu sichern, braucht der Weiterlebende Erinnerungen, intellektuelle Aktivität, Willensentscheidungen und kontinuierliche Erlebnisse ohne Bruch. Ob diese Aspekte unseres mentalen Lebens allesamt für Schlicks (...) Zwecke erforderlich sind, werde ich nicht entscheiden; doch Schlicks Chancen steigen, je mehr Aspekte des mentalen Lebens auch nach dem körperlichen Tod im Spiel bleiben – sicher ist sicher. (shrink)
Quine behauptet, dass uns der Holismus (d.h. die Quine/Duhem-These) daran hindert, Synonymie zu definieren. In "Word and Object" weist er einen Synonymiebegriff zurück, der selbst dann gut funktioniert, wenn der Holismus zutrifft. Dieser Begriff lässt sich so definieren: R und S sind synonym, wenn für alle Sätze T die logische Konjunktion aus R und T reizsynonym zur Konjunktion aus S und T ist. Dieser Begriff entgeht Quines bedeutungsskeptischen, holistischen Einwänden. Anders als Quine gemeint hat, ist der Begriff enger als sein (...) Begriff der Reizsynonymie – insbesondere bei Anwendung auf Sätze mit weniger als kritischer semantischer Masse. Fazit: Wir können Synonymie selbst dann sauber definieren, wenn wir Quines Holismus, Naturalismus, Behaviorismus und radikale Übersetzung mitmachen. Quines Bedeutungsskepsis sollte sogar auf Quines eigenem Territorium zurückgewiesen werden. (shrink)
I wish to propose a new doctrine called epistemological pacifism. According to the doctrine, our objective knowledge concerning hard facts about a given war and its context is far too poor to justify entering that war. Our best and most informative accounts of any pre-war situation are value-laden; the same is true of counterfactual claims about any event during, or after, war. Here we have three new types of what has been discussed under the label of fact/value entanglement. Realizing this (...) helps us understand why pacifists and their opponents never agree about so-called facts. Both parties bring to bear different values in their descriptions. Although this is legitimate for both sides, the values of the pacifist are more attractive than those of the bellicist. The recent war in Mali is a case in point, as I’ll sketch at the end of the paper. (shrink)
Zwar wissen wir nicht objektiv und wertfrei, wieviel CO2 wir der Atmosphäre noch aufbürden dürfen, bevor es zur Katastrophe kommt. Doch für behutsame, vorsorgliche Leute steht fest, dass das Klimaproblem die Menschheit bedroht. (In dieser Aussage vermengen sich unentwirrbar deskriptive und evaluative Komponenten – was uns im Lichte der neueren Metaethik nicht zu wundern braucht). Wie müsste eine faire Lösung des Klimaproblems aussehen? Wie sollten wir Pflichten und finanzielle Lasten der nötigen CO2-Reduktionen verteilen, wenn es dabei gerecht zugehen soll? In (...) meiner Antwort auf diese ethischen Fragen stütze ich mich auf einen Grundsatz, den Angela Merkel formuliert hat: Jeder Mensch hat das Recht, genauso viel CO2-Emissionen zu verursachen wie jeder andere. In einem ersten Schritt soll die Steigerung der weltweiten CO2-Emissionen angehalten werden. Um das auf gerechte Weise zu bewerkstelligen, werden in feiner Stückelung Rechte zum CO2-Ausstoß (die sog. Mikro-Zertifikate) ausgegeben, und zwar zunächst für genau so viel CO2, wie die Menschheit zur Zeit insgesamt pro Jahr in die Luft bläst. Wer CO2 emittieren will, gleichgültig wo, wie und wozu, darf das nur gegen Entwertung einer entsprechenden Anzahl an Mikro-Zertifikaten, sonst macht er sich strafbar. Die Mikro- Zertifikate werden auf einer weltweiten Börse gehandelt; ihr Preis ergibt sich aus Angebot und Nachfrage. Das Geld, das durch die Versteigerung der Mikro-Zertifikate zusammenkommt, wird in regelmäßigen Abständen und ohne Abzüge an jeden einzelnen Menschen ausgezahlt. Das ist einfach, fair und transparent. In einem zweiten Schritt sind die weltweiten CO2-Emissionen drastisch zu verringern, und zwar sieben Jahre lang um jeweils 10%. (shrink)
Angesichts der modernen Wissenschaftsentwicklung schlägt Michael Friedman vor, Kants Begriff vom apriorischen Urteil zu relativieren. Ein apriorischer Satz muss laut Friedman nicht ein für allemal und mit Notwendigkeit apriori gelten; vielmehr gilt ein Satz apriori relativ zu der Theorie, deren Möglichkeitsbedingung er ausspricht. Meiner Ansicht nach geht diese Liberalisierung des kantischen Programms zu weit. Wir sollten uns nicht mit bloß relativ apriori gültigen Sätzen abspeisen lassen. Ich gehe über Friedmans Vorschlag hinaus, indem ich einem Satz absolute Apriorität zuspreche, wenn er (...) relativ zu jeder Theorie apriori gilt. Es gibt mindestens drei Beispiele für absolut apriorische Sätze: (1) Nicht alle Sätze sind zugleich wahr und falsch. (2) Nicht alle Veränderungen ereignen sich rein zufällig. (3) Es gibt einen physikalischen Raum. Beispiele (2) und (3) sind überraschenderweise synthetische Urteile apriori. (shrink)
Dies bietet einen knappen Überblick über Leben und Werk des britischen Philosophen P. T. Geach. Unter anderem wird vorgeführt, mithilfe welches Arguments Geach die Sein/Sollen-Schranke zu überwinden beanspruchte.
Newton fächert einen weißen Lichtstrahl durch prismatische Brechung (Refraktion) auf und entdeckt dadurch sein Vollspektrum, das die größte Farbenvielfalt zeigt und aus Lichtstrahlen unterschiedlicher Refrangibilität besteht (1672). Laut Newtons Theorie müsste sich die Farbvielfalt seines Vollspektrums steigern lassen, wenn man den Auffangschirm immer weiter vom brechenden Prisma entfernt; denn dadurch müssten zuvor noch vermischte Lichtbündel ähnlicher Farbe schließlich doch auseinanderstreben. Diese Prognose ist empirisch falsch, wie Goethe in seiner Farbenlehre (1810) herausstreicht: Das Endspektrum enthält weniger Farben, insbesondere fehlt dort das (...) Gelb. Das ist eine Anomalie (à la Kuhn) der newtonischen Theorie. Wie lässt sich diese Anomalie erklären? Der Gelbverlust im Endspektrum muss irgendetwas mit der Licht- und Farbempfindlichkeit des menschlichen Auges zu tun haben. Aber was? Der Bezold/Brücke-Effekt bietet offenbar keine befriedigende Erklärung des Phänomens, wie ich mit Matthias Rangs experimenteller Hilfe empirisch zeige. Ein zweiter Erklärungsansatz beruft sich auf die rot/grüne spektrale Umgebung, die das Gelb offenbar in den Hintergrund treten lässt. Die Farbwahrnehmung einer farbigen Figur hat ja immer auch mit der Umgebungsfarbe zu tun, wie zum Beispiel beim Simultankontrast. Das zeigt sich im Experiment: Man kann das Gelb im Endspektrum zurückgewinnen, wenn man die anderen Farben des Spektrums abdeckt. Woran das wiederum liegt, ist bis heute ungeklärt. Es lässt sich jedenfalls nicht als Spezialfall des Simultankontrasts verstehen. (shrink)
The analytic/synthetic distinction can be conceived from two points of view: from within or from without; from the perspective of one's own language or from the perspective of the language of others. From without, the central question is which sentences of a foreign language are to be classified as analytic. From within, by contrast, the question concerning the synthetic and the analytic acquires a normative dimension: which sentences am I not permitted to reject—if I want to avoid talking nonsense? Both (...) perspectives on analytic sentences do not mutually exclude but supplement and illuminate each other. In "Two Dogmas", Quine's criticism of the analytic/synthetic distinction comes from within, whereas in Word and Object, Quine repeats his earlier criticism from without. His criticism is directed against Carnap's views on our understanding of theoretical terms. I challenge Quine's criticism in both of its versions and provide two definitions for analyticity that are immune to Quine's arguments. Using the first of these definitions (the one from without) I try to show how it is possible to distinguish (genuine) belief revision from linguistic change—even in case of a scientific revolution. (shrink)
Create an account to enable off-campus access through your institution's proxy server.
Monitor this page
Be alerted of all new items appearing on this page. Choose how you want to monitor it:
Email
RSS feed
About us
Lorem ipsum dolor sit amet, consectetur adipisicing elit, sed do eiusmod tempor incididunt ut labore et dolore magna aliqua. Ut enim ad minim veniam, quis nostrud exercitation ullamco laboris nisi ut aliquip ex ea commodo consequat. Duis aute irure dolor in reprehenderit in voluptate velit esse cillum dolore eu fugiat nulla pariatur. Excepteur sint occaecat cupidatat non proident, sunt in culpa qui officia deserunt mollit anim id est laborum.