Abstract
Das Wiskott-Aldrich-Syndrom (WAS), ein genetisch bedingter Immundefekt mit klinischer Manifestation im Kleinkindalter, wird voraussichtlich in näherer Zukunft erstmals versuchsweise durch eine somatische Gentherapie behandelt werden. Im vor- liegenden Beitrag werden die wichtigsten medizinisch-naturwissenschaftlichen Fakten dieses Krankheitsbildes sowie die bisherigen Erfahrungen mit somatischen Gentherapien bei anderen Immunmangelsyndromen ausführlich dargestellt. Sodann erfolgt eine ethische Analyse eines möglichen gentherapeutischen Eingriffs bei WAS-Patienten, bei der die spezifischen Aspekte des Wiskott-Aldrich-Syndroms – insbesondere die fast ausschließliche Betroffenheit von Kindern sowie die unterschiedlich aussichtsreiche Alter- nativoption einer allogenen Knochenmarktransplantation–wesentliche Aspekte der Beurteilung sind. Im Ergebnis zeigt sich, dass ein gentherapeutischer Eingriff im vorliegenden Fall nicht im Rahmen einer Forschungsstudie, d.h. als Humanexperiment, gerechtfertigt werden kann, sondern allein als individueller Heilversuch. Gleichwohl las- sen die besonderen Risiken und die Innovativität eines solchen Eingriffs es notwendig erscheinen, diesen Heilversuch – anders als andere Heilbehandlungen mit bislang unerprobten Mitteln – in streng kontrollierter Form durchzuführen. Der neuartige Gedanke eines kontrollierten individuellen Heilversuchs zeichnet sich daher für den vorliegenden Fall, und womöglich auch für vergleichbare risikoreiche Behandlungsansätze namentlich im Bereich der Gentherapie, als geeignetes Instrument der Konzeption und Beurteilung ab.