Abstract
Mit den Werken von Jean-Jacques Rousseau, Georg Wilhelm Friedrich Hegel und Karl Marx erscheinen in einem Abstand von knapp einhundert Jahren einschlägige Gründungstexte der Sozialphilosophie. Allen drei Autoren ist dabei das Vorhaben gemein, sich kritisch-reflexiv mit den Wandlungen ihrer jeweiligen Zeit auseinandersetzen zu wollen: Rousseau im absolutistischen Frankreich Hege! im agrarischen Preußen und Marx im industrialisierten England: Trotz der unterschiedlichen historischen und nationalen Kontexte gibt es dabei ein verbindendes Moment zwischen den drei Autoren. Sie alle versuchen nämlich, die sozialen Pathologien ihrer Zeit als Pathologien der Anerkennung zu verstehen. Soziale Desintegration, so ihre Überzeugung, darf nicht allein vor dem Hintergrund materieller Ungleichheit verstanden werden, sondern muss selbst noch einmal als Ausdruck verweigerter Teilhabe gedeutet werden. Die Arbeiten von Rousseau, Hegel und Marx zeichnen sich nun dadurch aus, diese grundlegende Einsicht auf ganz unterschiedliche Art und Weise zu einer je spezifischen Pathologiediagnose ausgeweitet zu haben: Während Rousseau das Phänomen der Anerkennungsbesessenheit in den Mittelpunkt seiner Überlegungen rückt, ist es bei Hegel das Phänomen der Anerkennungsabhängigkeit und bei Marx das Phänomen der Anerkennungsvergessenheit .