Abstract
In diesem Beitrag soll das Wechselverhältnis von Wissenschaft, Politik und Gesellschaft näher beleuchtet werden. Im Fokus der Untersuchung wird dabei der Begriff des Faktums stehen, dessen Bedeutung durch die neuesten Sprachspiele auf der Bühne der internationalen Politik zumindest in den Augen vieler Wissenschaftler in Misskredit gebracht wurde.
In einem ersten Analyseschritt wird aus wissenschaftstheoretischer Perspektive aufgezeigt, inwieweit der Begriff des Faktums als konstitutiv für das nach wie vor hohe Ansehen wissenschaftlicher Erkenntnis in der Gesellschaft betrachtet werden kann. Diese Einsicht in den Zusammenhang von öffentlicher Reputation und Faktenbasiertheit wissenschaftlicher Erkenntnis ist dabei keinesfalls neu, sondern gehört quasi zum wissenschaftsphilosophischen Grundkanon. Der kurze Rekurs auf diese Überlegungen dient im Folgenden als Einstieg in die kritische Erörterung der Frage nach der Zuverlässigkeit dieses Fundaments der Fakten. Ein besonderes Augenmerk wird in der Untersuchung auf das Problem der Wertbeladenheit epistemischer Prozesse in den Wissenschaften gelegt. Inwiefern beeinflussen Werte die Objektivität wissenschaftlicher Resultate? Ist eine solche Beeinflussung stets negativ zu betrachten? Wie hängen die Probleme der Wertbeladenheit und die für die Wissenschaften postulierte Glaubwürdigkeitskrise zusammen? Welche Lösungsstrategien lassen sich aufzeigen? Die Diskussion dieser Fragen wird in eine kritische Auseinandersetzung mit neoliberalen Wertauffassungen münden, welche in den letzten Jahrzehnten verstärkt nicht nur an die wissenschaftliche Gemeinschaft heran-, sondern von deren Mitgliedern auch in diese hineingetragen wurden und werden.