Abstract
Harsanyi und Rawls haben zu der Frage, wie die wichtigen Güter in einem Staat verteilt sein sollten, zwei sehr ähnliche Theorien entwickelt, kommen aber zu unterschiedlichen Schlüssen. Harsanyi plädiert für eine utilitaristische Regel, Rawls dagegen für eine Regel, die sich auf diejenigen konzentriert, denen es in der Gesellschaft am schlechtesten geht. Die fast fünfzig Jahre andauernde Diskussion zwischen den beiden wird hier systematisch dargestellt und analysiert.
Erstens wird gezeigt, dass sich unter Berücksichtigung von Abneigung gegen Risiko und abnehmendem Grenznutzen die auf dem Urzustand beruhenden Argumentationen weitaus ähnlicher sind, als den Autoren bewusst ist. Allerdings gibt Harsanyis Theorie wahrscheinlich den Armen im Gegensatz zu Rawls nur relative und keine absolute Priorität.
Zweitens wird allerdings die Argumentation über den Urzustand infrage gestellt. Dabei sprechen außerhalb des Urzustandes mehrere praktische Erwägungen tendenziell für Rawls’ Differenzprinzip.