Ideale polyamoröse Verpflichtung

Zeitschrift für Praktische Philosophie 10 (2):217-258 (2023)
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Abstract

(English abstract further below.) Wer denkt, Polyamorie erfordere ein geringeres Maß an Verpflichtung als Zweierbeziehungen, der liegt gründlich daneben. Wie aber gestaltet sich polyamoröse wechselseitige Verpflichtung idealerweise? In diesem Beitrag untersuche ich, ob sich ein bestimmtes, auf Iris Murdochs Konzeption von Liebe als gerechter Aufmerksamkeit beruhendes Ideal wechselseitiger Verpflichtung in romantischen Partnerschaften fruchtbar auf polyamoröse Beziehungsgeflechte anwenden lässt. Ich beginne damit, Murdochs im deutschsprachigen Raum kaum rezipierte Liebeskonzeption ausführlich darzustellen und diese dabei von Simone Weils Position abzugrenzen, der Murdoch wesentliche Elemente entnimmt. In einem zweiten Schritt skizziere ich das von Murdochs Position inspirierte Ideal wechselseitiger Verpflichtung. In Auseinandersetzung mit Überlegungen, die John Enman-Beech und Julienne Obadia mit Blick auf die in polyamorösen Beziehungsgeflechten verbreitete Praxis angestellt haben, Beziehungsvereinbarungen einzugehen, werbe ich drittens für die skizzierte Idealkonzeption, indem ich zeige, dass sich mit ihr den von Enman-Beech und Obadia aufgeworfenen Herausforderungen, die sich im Zuge intrapolykularer Beziehungsvereinbarungen stellen, in zwei Hinsichten mit Erfolg begegnen lässt. Erstens hebe ich hervor, dass eine am skizzierten Ideal orientierte Praxis bereits die Art von prozeduralen Normen implementiert, auf deren Bedeutung Enman-Beech zu Recht hinweist. Zweitens argumentiere ich dafür, dass das skizzierte Ideal nicht den Schwierigkeiten ausgesetzt ist, die sich nach Obadia mit denjenigen Elementen intrapolykularer Beziehungsvereinbarungen verbinden, die sie als Vertragskomplex bezeichnet, und ein weniger pessimistisches Bild davon nahelegt, wie vermittelst solcher Beziehungsvereinbarungen konstituierte Individuen aufzufassen sind. ENGLISH ABSTRACT: In this paper, I focus on a certain ideal conception of how lovers may commit to each other in polyamorous relationships. Drawing on an analysis of Iris Murdoch’s adaptation of Simone Weil’s ideas, I sketch what I have elsewhere called the ideal lovers’ pledge—a conception of a commitment between lovers that is spelled out in terms of Weil’s and Murdoch’s shared notion of love as just attention. I then argue that this conception is well-suited to meet certain challenges that arise in the context of thinking about relationship agreements in polyamorous relationships, challenges that have been brought out in recent work by John Enman-Beech and Julienne Obadia. First, I show that practices of forging relationship agreements in polyamorous relationships that are oriented toward the ideal I propose will naturally implement the kind of procedural norms that Enman-Beech rightly highlights. Second, I argue that the ideal I propose does not generate the kinds of problems that according to Obadia arise due to a constellation of assumptions that she thinks underlie the practice of forging relationship agreements in polyamorous relationships – a constellation she dubs the contract complex. The proposed ideal thus suggests an alternative under-standing of such agreements and implies a less pessimistic account of what kind of individuals are constituted by way of forging such agreements.

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T. Raja Rosenhagen
California State University, Fresno

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2023-06-30

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