Abstract
Seit wenigen Jahren erfreuen sich in den Lebenswissenschaften mehrere Theorien eines immer weitergehenden Einflusses, die unter Etikettierungen wie Systembiologie, Netzwerktheorie oder Signalomics nur scheinbar unabhängige Herangehensweisen an komplexe Zusammenhänge darstellen. Navigation ist der übergreifende Gedanke, der so unterschiedliche Gebiete wie Regelungstheorie, Entscheidungstheorie und Systemwissenschaft verbindet. Navigation als Lage- und Kursbestimmung nebst den zugehörigen Signalverarbeitungsprozessen und Steuerkommandos ist die Grundlage dessen, was lebende Organismen von der blo§en Ansammlung materieller Ingredienzien unterscheidet – von der molekularen Ebene bis zum Sozialverhalten. Denn stets stellen sich Prozesse des Lebens als solche des Suchens, Kommunizierens, Disponierens und Vervollkommnens dar, ob es sich nun um die Regulation der Sauerstoffspannung im Blut oder die Organisation eines Ameisenvolkes handelt. Navigationsaufgaben sind damit schließlich auch Fragestellungen ärztlicher Entscheidungsfindung, die sich in einem komplexen Raum aus individuellen, sozialen und ethischen Anforderungen entfalten.