Abstract
Ich möchte den Neurowissenschaftlern, die glauben, mit empirischen
Mitteln etwas über menschliche Freiheit herausfinden zu können, eine philosophische
Herausforderung entgegensetzen. Meine These lautet: Die Frage nach der menschlichen Freiheit
ist ein metaphysisches Problem, das sich empirischer Naturforschung entzieht. Um das zu
begründen, werde ich ein extremes Gedankenexperiment durchführen. Ich werde zuerst
hypothetisch die Situation eines Subjektes beschreiben, dessen Naturwissenschaft
berechtigterweise einen durchgängigen kausalen Determinismus im Gehirn postuliert und dessen
Libet-Experimente für all seine Handlungen fatal ausgehen (nicht nur für unbedeutende
Handbewegungen). Dann werde ich zeigen, dass die deterministische Neurowissenschaft in dieser
gedachten Situation gar nichts für oder gegen die Entscheidungsfreiheit des Subjekts austrägt, weil
sich die Entscheidungen des hypothetischen Subjekts nicht dort abspielen, wo seine
Naturwissenschaft hinzielt. – Wenn es mir gelingt, so eine Situation zu konstruieren, stellt sich die
Frage, ob wir nicht in einer ähnlichen Situation stecken könnten. Meiner Ansicht nach lässt sich
diese Frage zwar aufwerfen, aber nicht beantworten. Sie gehört ins Reich der metaphysischen
Spekulation, genau wie die Frage, ob unser geistiges Leben nach dem biologischen Tod im
Jenseits weitergehen könnte. Ziel der Überlegungen ist es, verwirrende Redeweisen wie die von
meta-physischer oder transzendentaler Freiheit durch konkrete Modelle verständlicher zu machen.
Die Position, die hierbei herauskommen wird, hat einige Gemeinsamkeiten mit Kants Position zur
Freiheit.