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Epd Dokumentation 13/14. pp. 18-25 (
2011)
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Abstract
Die deutsche Beteiligung am Krieg in Afghanistan zielte erstens darauf ab, in Afghanistan für Demokratie und Menschenrechte zu sorgen; zweitens darauf, an Ort und Stelle für Sicherheit zu sorgen (ohne die kein wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Aufbau möglich ist); und drittens darauf, unsere eigene Sicherheit (etwa vor terroristischen Angriffen) zu erhöhen. Diese Ziele sind erstrebenswert – aber es ist mehr als fraglich, ob jemals realistische Aussicht bestand, diese Ziele zu erreichen. Wir haben in Afghanistan nach der optimalen Mischung aus zivilen und militärischen Maßnahmen gesucht – und haben sie nicht gefunden. War die Intervention zum Scheitern verurteilt? Nein; aber zu keinem Zeitpunkt verfügten wir über das für Erfolg erforderliche Wissen. Wir haben versucht, in ein chaotisches System einzugreifen, das sich während der Intervention immer wieder änderte. Wir haben zu langsam dazugelernt, und wir hätten auch kaum schneller lernen können, denn dieser Krieg ist Chaos, also unkontrollierbar (so wie viele andere Kriege auch). Das bedeutet, dass sich die Kriegsbefürworter und -planer maßlos überschätzt haben – technisch, militärisch, politisch, erkenntnistheoretisch und ethisch. Nicht die Pazifisten waren Traumtänzer in der Debatte über den Afghanistan-Krieg. Diese Thesen begründe ich angesichts des Stands der Dinge vom Winter 2010/1. Ich plädiere für einen sofortigen Abzug aus Afghanistan – und für noble Gesten gegenüber den Afghanen, die an unserer Seite Kopf & Kragen riskiert haben.