Abstract
Previous efforts to bring the Hegelian dialectic closer to a clarification give reason for skepticism. The question: "What is dialectic", according to Dieter Henrich, "has remained without an answer so far". Hegel's objective-idealistic program is, however, so much linked to the possibility of a dialectical logic that it is an urgent desideratum to gain clarity about the stringency of dialectical argumentation. But this is only possible on the basis of a theory of dialectic. Hegel's own reflection on methods cannot be considered sufficient in this respect. It does not enable us to defend the dialectical procedure against objections or to answer questions of method. In the following, a detailed reconstruction of the dialectic of 'being' and 'nothing' in Hegel's 'Science of Logic' will reveal basic structures of dialectical argumentation. As will be shown, antinomic structures play a key role. Such a 'reconstruction', however, will not be a simple confirmation of Hegelian texts, but will always have the character of a critique. In fact, it will turn out that in comparison with Hegel's development of categories, radical revisions are to be expected. ----- Bisherige Bemühungen, das Verfahren Hegelscher Dialektik einer Klärung näherzubringen, geben Anlass zur Skepsis. Die Frage: „Was ist Dialektik?“, so Dieter Henrich, sei „bisher ohne Antwort geblieben“. Das objektiv-idealistische Programm Hegels ist indes so sehr mit der Möglichkeit einer dialektischen Logik verknüpft, daß über die Stringenz dialektischer Argumentation Klarheit zu gewinnen ein dringliches Desiderat darstellt. Das aber ist nur auf der Grundlage einer Theorie der Dialektik möglich. Hegels eigene Methodenreflexion kann diesbezüglich nicht als zureichend erachtet werden. Sie versetzt uns nicht in die Lage, das dialektische Verfahren gegen Einwände zu verteidigen oder Methodenfragen zu beantworten. Im Folgenden sollen in einer detaillierten Rekonstruktion der Dialektik von ‘Sein’ und ‘Nichts’ in Hegels ‘Wissenschaft der Logik’ Grundstrukturen dialektischer Argumentation sichtbar gemacht werden. Wie gezeigt wird, kommt dabei antinomischen Strukturen eine Schlüsselfunktion zu. Eine solche 'Rekonstruktion' wird allerdings nicht eine umstandslose Bestätigung der Hegelschen Textvorlage sein können, sondern immer auch den Charakter einer Kritik haben. In der Tat wird sich ergeben, daß im Vergleich mit Hegels Kategorienentwicklung einschneidende Revisionen zu gewärtigen sind.