Abstract
Die Transzendentalpragmatik beansprucht, jeden beliebigen Opponenten, der bestimmte nichtverwerfbare Präsuppositionen des Argumentierens bestreitet, eines performativen Selbstwiderspruchs überführen zu können. Die Diagnose performativer Widersprüche ist indes theoretisch voraussetzungsreich, denn sie findet in einem begrifflichen Rahmen statt, der sich aus nichttrivialen sprechakt-, rationalitäts-, bedeutungs- und argumentationstheoretischen Annahmen zusammensetzt.
Das Argument einer anderen möglichen Vernunft ist gegen den Letztbegründungsanspruch der Transzendentalpragmatik gerichtet: Was heute als ein performativer Widerspruch zählt, mag aus der Perspektive einer anderen möglichen Vernunft keiner mehr sein.
Im Beitrag wird die Relevanz des Einwands einer anderen möglichen Vernunft bestritten. Der Nachweis der aktuellen Nichtverwerfbarkeit einer Präsupposition des Argumentierens braucht die Revidierbarkeit des begrifflichen und rationalitätstheoretischen Rahmens nicht auszuschließen. Mithilfe einer messtheoretischen Analogie wird gezeigt, dass die Revision eines Rahmens im alten Rahmen formulierte Aussagen ebensowenig falsch macht wie die Veränderung eines Maßstabs frühere Messungen.