Abstract
Wer humanitäre Kriege moralisch beurteilen will, muss sich in einem chaotischen Meer der Möglichkeiten auskennen; er muss (z.B. in der Rückschau) wissen, was geschehen wäre, hätten sich die Akteure anders entschieden. Solche Fragen betreffen keine Fakten, sondern Kontrafakten; mit kühlem Realitätssinn alleine ist diesen Fragen nicht beizukommen. Im Herzstück dieses Aufsatzes steht eine erkenntnistheoretische Analyse kontrafaktischer Sätze (VI-XIII). Wenn ich recht liege, müssen wir uns bei der Beurteilung solcher Sätze nicht nur an die harten Fakten halten; zusätzlich brauchen wir weichere Beurteilungskriterien wie Einfühlungsvermögen, narrative Intelligenz, Phantasie – und Werthaltungen. Dass eine bestimmte Form von Pazifismus im Lichte dieser erkenntnistheoretischen These an Plausibilität gewinnt, versuche ich in den Schlussabschnitten anhand des Kosovo-Kriegs plausibel zu machen. Der Aufsatz beginnt mit ausserrationalen Betrachtungen zugunsten des Pazifismus und versucht insgesamt, allerlei angeblich vernünftigen Gegenargumenten den Wind aus den Segeln zu nehmen.