Abstract
Zu Beginn der Pandemie im Frühjahr 2020, und nach einem weitreichenden Lockdown, ruhten große Erwartungen auf Corona-Warn-Apps, um einen erneuten Lockdown zu verhindern. Diese Erwartungen haben sich nicht erfüllt; stattdessen wurden in Deutschland als Reaktion auf erneute Wellen von COVID-19 weitere Kontaktbeschränkungen verordnet. Wie hätte die digitale Kontaktverfolgung wirksamer gestaltet werden können? Wir argumentieren, dass es ein Spannungsfeld zwischen der Datensparsamkeit und einer wirksamen Bekämpfung der Pandemie besteht. Im Gegensatz zur deutschen Corona-Warn-App wäre eine Variante der App, in der pseudonymisierte Kennungen zentral gespeichert werden, in der Lage gewesen, die Effektivität der Kontaktverfolgung entscheidend zu erhöhen. Schließlich argumentieren wir, dass das Spannungsfeld zwischen Datensparsamkeit und einer wirksamen Pandemiebekämpfung sich jedoch nicht in einen Wertekonflikt übersetzt, weil zentrale Systeme uns trotz ihrer erhöhten Wirksamkeit nicht vor deutlich gravierendere Probleme beim Datenschutz stellen als dezentrale Systeme. Zentrale Möglichkeiten der digitalen Kontaktverfolgung wären daher ethisch gerechtfertigt, um auf weitere Wellen von COVID-19 oder auf zukünftige Epidemien effektiv zu reagieren.